Über das Werk
Zwar hörte Siegward Sprotte nie auf, in die Natur zu schauen, doch entstanden auch zahlreiche Bilder wie der "Gesang des Meeres" im Atelier. Wie Noten scheinen die blauen Farbsegmente auf dem Blatt zu schweben. Auch der Bildtitel verweist bereits auf diese Symbiose zwischen Sehen und Hören, die in Sprottes Werk einen besonders zentralen Punkt einnimmt. Für den Maler, der sich in zahlreichen Texten über sein Kunstwollen geäußert hat, war das gleichberechtigte Miteinander von Bild und Text stets zentrales Anliegen. "Wo Sehen und Hören in unserem Gesicht als die führenden Sinne nicht mehr miteinander konkurrieren, hier steht der Verlautbarung der Einsicht nichts mehr im Wege. Die menschliche Kommunikation der Sinne miteinander grüsst uns zu Beginn eines neuen Äons." In diesem Sinne war Sprotte auch fasziniert durch die die Arie „Meine Seele hört im Sehen” (HWV 207) von Georg Friedrich Händel, die als eine unter den sogenannten "Neuen deutschen Arien" zwischen 1724 und 1727 entstanden "Meine Seele hört im Sehen, / wie, den Schöpfer zu erhöhen, / alles jauchzet, alles lacht / Höret nur, des erblühnden Frühlings Pracht / ist die Sprache der Natur, / die sie deutlich durchs Gesicht / allenthalben mit uns spricht."
Für Sprotte bedeutete dies, dass unsere Sprache nicht Beschreibung von Gesehenem oder Ungesehenem sein sollte und unser Sehen nicht durch Sprache verkürzt werden sollte. Beide Sinne sollten in all ihrer Vielfalt wirken dürfen.
(Andrea Fink)