Über das Werk
Farbe als zentraler Träger der Bildaussage und autonomer Ausdrucksfaktor steht im Mittelpunkt des Schaffens von Rupprecht Geiger (1908-2009), der zu den Protagonisten der gegenstandlosen Malerei in der deutschen Kunst nach 1945 zählt. Das vorliegende, großformatig konzipierte Gemälde von 1981 liefert hierfür ein prägnantes Beispiel: im fast quadratischen Bildformat entfaltet sich der Verlauf zwischen intensivem Rot und leuchtendem Pink als fließender, organisch-dynamischer Prozess. Um 1965 wechselte Geiger vom malerisch getupften zum gespritzten Farbauftrag, um fein nuancierte Übergänge und sanfteste Verschleifungen im Kolorit zu erzielen. Das Auge erlebt diese Bildoberfläche als harmonische Farbbewegung mit räumlicher Ausdehnung. Geiger verstand Farbe als lichthaltige Eigenkraft, deren elementare Energie im Zusammenspiel mit Fläche und Raum Thema und Wirkung seiner Bildschöpfungen war. Das strahlende, gleichsam fluoreszierende Kolorit entmaterialisiert die Bildfläche und transformiert sie in eine sinnlich-emotionale Atmosphäre. Insbesondere die Farbe Rot behauptet in Geigers Werk eine zentrale Rolle. Im Bewusstsein ihrer stimulierenden Wirkung und ihres geistigen Energiegehaltes wählte er sie immer wieder für seine Bilder. "Rot ist Leben, Energie, Potenz, Macht, Liebe, Wärme, Kraft. Rote Lichtquellen sind geistige Materie", erklärte der Maler zum Eigenwert jener Farbe.
(Andreas Gabelmann)