Über das Werk
Die englische Schriftstellerin und Gartengestalterin Vita Sackville-West liebte Zinnien und empfand einen Garten ohne die hübschen Korbblütler als geradezu unvorstellbar. Ende des 18. Jahrhunderts aus Mexiko in Europa eingeführt, wurde die Zinnie über Stationen in Spanien und England 1808 auch im Berliner Botanischen Garten angepflanzt, verbreitete sich rasch und fand in den deutschen Bauergärten ihre Heimat.
Ebenso wie Sackville-West, deren Anwesen in Sissinghurst noch heute jedes Jahr Tausende von Besuchern bewundern, liebte auch Emy Schmidt-Rottluff die schlichten Schönheiten mit ihren leuchtenden Blüten. Es heißt, der Künstler habe die Blumen nur aus diesem Grund so häufig gemalt.
Die "Zwei Zinnien" entstanden 1960, in einer Werkphase, in der das Stillleben noch einmal stark in den Vordergrund seines Schaffens rückte. Die roten und orangen Blüten setzte der Künstler vor einen nass-in-nass aufgetragenen, rosafarbenen Hintergrund. Im Gegensatz zu den früheren, leuchtend farbigen und ausdrucksstarken Gemälden zeichnen sich die Aquarelle der späten Jahre durch eine gewisse malerische Zurückhaltung aus: Ihre Farbigkeit ist gedeckter, die Töne gebrochener und die Palette oft durch Schwarz ergänzt. Die formale Auffassung der Bilder wird nüchterner und strenger - eine Entwicklung, der die einfachen Zinnien mit ihren unverzweigten Stängeln womöglich entgegenkamen.
Text verfasst und bereitgestellt von Dr. Doris Hansmann, Kunsthistorikerin
Studium der Kunstgeschichte, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Anglistik und Romanistik an der Universität zu Köln, 1994 Promotion. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunstmuseum Düsseldorf. Lektorin und Projektmanagerin im Wienand Verlag, Köln. Freiberufliche Tätigkeit als Autorin sowie Lektorin und Buchproduzentin für Verlage und Museen im In- und Ausland. Ab 2011 Cheflektorin im Wienand Verlag, von 2019 bis 2021 Senior Editor bei DCV, Dr. Cantz’sche Verlagsgesellschaft, Berlin. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.