Über das Werk
Gebirgsketten gleich bauen sich die Farbformen in dem Aquarell "ringsrum 1" aus dem Jahr 2002 auf dem Blatt auf. Obgleich es sich bei den Werken Schultzes meist um vollkommen ungegenständliche Bildkompositionen handelt, rufen diese doch sehr häufig landschaftliche Assoziationen wach. Der Künstler selbst betonte, dass es fragmentarische Landschaftsaspekte sowie Erinnerungsfetzen seien, mit deren Hilfe er den "horror vacui" zu überwinden suche. Dieser lateinische Begriff basiert auf einer Theorie von Aristoteles, der - entgegen des epikureischen Weltbildes - davon ausging, dass es kein Vakuum, also kein Nichts, geben könnte. Man dachte sich den Raum zwischen den Gestirnen mit Äther erfüllt. In der Folge lehnte auch die platonische Schule und sogar Descartes die Idee eines Vakuums ab. Zwar konnte ein menschlich erzeugtes Vakuum im 17. Jahrhundert erstellt werden, aber auch nach dem heutigen Verständnis der Quantentheorie ist ein Vakuum nicht leer. Vielmehr existiert eine endliche Energiedichte.
Die Farbpalette im Aquarell "ringsrum 1" ist breit gewählt: von Dunkelgrün über graue Töne und violette bis hin zu hellem Gelb reicht der Farbkanon, in dem Schultze die amorph fluktuierenden Farbfelder arbeitet. Auf der Bildfläche entwickelt sich ein vollkommen neuartiges Raumkontinuum. Bernard Schultze nimmt uns in seinen traumgleichen Werken mit in den Raum, in dem es kein Nichts mehr gibt. Er zeigt das energiegeladene Feld, das uns umgibt, welches wir mit unseren Augen aber nicht sehen können. Manchmal nehmen wir das Flirren, das Vibrieren dieser Energien rings um uns herum (ringsrum) wahr. Bernard Schultze hat sie sichtbar gemacht.
(Andrea Fink)