Über das Werk
Die Landschaft als eines der zentralen Bildthemen prägt das Werk von Karl Schmidt-Rottluff von den Anfängen seines Schaffens kurz nach 1900 bis zu den späten Bildern der 1960er- und 1970er Jahre. Der Maler, der neben Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Fritz Bleyl zu den Gründungsmitgliedern der revolutionären Künstlergruppe Brücke gehörte, verliert auch in seinem Spätwerk nichts von der einstigen Schaffenskraft. Zwar erschwert ihm der schmerzende Arm zunehmend das Malen in Öl, doch findet er in der Aquarell- und Tuschemalerei neue, adäquate Medien, die der Leinwandmalerei in nichts nachstehen.
Den Entwicklungen der abstrakten Malerei der Nachkriegszeit steht er skeptisch bis ablehnend gegenüber und hält an den einmal gefundenen Gestaltungsideen der expressionistischen Malerei, an einer Orientierung der Kunst am Vorbild der Natur fest. Die kühne, kraftvolle Orchestrierung der Farbe – in den frühen Werkperioden erprobt und entwickelt – prägt auch die Bilder des Alterswerks. So auch diese Landschaft aus dem Jahr 1960: Eine von dunklen Konturlinien umschlossene, flächige Farbzonenmalerei in tiefem Blaugrün, glühendem Gelb und Orange sowie sattem Grün bildet die Grundlagen der Landschaftsdarstellung. Die Bäume auf der Wiese des Vordergrunds sind in ein zartes, frühlingshaftes Gewand gehüllt und dürfen als die eigentlichen Protagonisten des Bildes benannt werden – in verknappten, stilisierten Flächenformen, gleichsam als Chiffre erfasst, zeugen sie dennoch von der Unmittelbarkeit des Naturerlebnisses.
Text verfasst und bereitgestellt von Dr. Doris Hansmann, Kunsthistorikerin
Studium der Kunstgeschichte, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Anglistik und Romanistik an der Universität zu Köln, 1994 Promotion. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunstmuseum Düsseldorf. Lektorin und Projektmanagerin im Wienand Verlag, Köln. Freiberufliche Tätigkeit als Autorin sowie Lektorin und Buchproduzentin für Verlage und Museen im In- und Ausland. Ab 2011 Cheflektorin im Wienand Verlag, von 2019 bis 2021 Senior Editor bei DCV, Dr. Cantz’sche Verlagsgesellschaft, Berlin. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.