Über das Werk
Während Ernst Barlach 1931 an dem Werk Lehrender Christus arbeitete, entstanden mehrere Detailstudien zu dessen Gesicht. Mit der archaisch stilisierten Form in der Fassung Christusmaske VI fand der Künstler schließlich zu einer befriedigenden Form und endgültigen Fassung. Das Gesicht des bärtigen Mannes wirkt entrückt und meditativ, während der leicht geöffnete Mund zugleich den Eindruck einer Ansprache vermittelt, was zu einer Verlebendigung des Dargestellten führt. Damit trägt Barlachs Christus einen ebenso überzeitlichen und transzendenten wie auch überaus diesseitigen Ausdruck. In seiner Darstellung verbindet der Künstler den übernatürlichen Gottessohn mit dem Attribut des diesseitigen Lehrers und entwirft damit ein modernes Christusbild. „Und ihr sollt euch nicht Lehrer nennen lassen; denn einer ist euer Lehrer: Christus.” (Mt. 23, 10)
Einer der insgesamt 14 posthum entstandenen Güsse des Lehrenden Christus befindet sich in der Antoniterkirche in Köln, gemeinsam mit dem Zweitguss von Barlachs Güstrower Ehrenmal – auch Schwebender genannt – und einem Abguss des 1918 geschaffenen Kruzifix II.
Das Außergewöhnliche und bis heute Faszinierende am Werk Barlachs fasste seine Künstlerkollegin Käthe Kollwitz 1938 treffend zusammen: „Form und Inhalt fielen zusammen. Das ist das Überzeugende in seiner Arbeit.” (1)
1 Zit. nach: Frank Pergande, Bildnis des Künstlers als Ekel, FAZ.NET (letzter Zugriff 6.2.2020).
Text verfasst und bereitgestellt von Dr. Andrea Fink, Kunsthistorikerin
Die Kunsthistorikerin, Kuratorin und freie Publizistin Andrea Fink hat in Bochum und Wien Kunstgeschichte, Kultur- und Geisteswissenschaften, Neuere Geschichte und Philosophie studiert. 2007 folgte die Promotion zum Werk des schottischen Künstlers Ian Hamilton Finlay. Als freie Kuratorin und Kunstberaterin zählen zu ihren Auftraggebern u.a. Kunstverein Ahlen, Kunstverein Soest, Wella Museum, Museum am Ostwall Dortmund, ThyssenKrupp AG, Kulturstiftung Ruhr, Osthaus Museum Hagen, Franz Haniel GmbH, Kunsthalle Krems, Österreich.